Rings um mein Buch "Die letzten Tage der Eule"


Warum eine 2. Auflage meines Romans?


Presse-Artikel und Rezensionen:

Wormser Zeitung, 25.Juli 2013

Waiblinger Kreiszeitung/ Schorndorfer Nachrichten, 11. April 2013

Humanistischer Pressedienst, 8.11.2013


Ich bekomme immer wieder Post und E-Mails zu meinem Roman, die mich ob des großen Lobes und der Begeisterung rot werden lassen. Manchmal platze ich fst vor Freude. Dennoch bekam ich bislang auch 1 (in Worten: Eine) negative Kritik, mit der ich mich hier wegen ihrer Ausführlichkeit aber gern auseinandersetze:
Eine herbe Kritik zum Roman und meine Replik dazu

Nachbetrachtungen

Warum nicht mal als ebook?


Warum eine 2. Auflage meines Romans?

Ein Roman ist normalerweise eine mehr oder minder spannende Erzählung, eine ausgedachte Geschichte, bestenfalls mit authentischem Hintergrund. Welchen Sinn hätte da eine zweite Auflage?

Nun, es ergeben sich aufgrund der Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern eben manche kleine Verbesserungsmöglichkeiten und Anpassungen, die ich gern umsetzen wollte. Ich will im Folgenden kurz skizzieren, welche, meist wirklich unerheblichen und kaum merklichen Optimierungen ich vorgenommen habe:

1.      Weil die Spätantike sich als doch sehr sperrig und wenig marktgängig erwies, habe ich die Handlung in die späten 80er Jahre des 20. Jahrhunderts verlegt.

2.      Es zeigte sich dann, dass die Handlung doch besser in Konstantinopel und Berlin spielen sollte, weshalb die Nibelungen, die Römer und Hypatia entfallen sind.

3.      Der Hauptdarsteller Quintus (der jetzt Memet heißt) verliebt sich in Lykke (die jetzt Sandra heißt).

4.      Sandra ist in Westdeutschland in der Friedensbewegung aktiv und macht einen Laden auf, in dem sie Heilsteine verkauft. Von einem Trip in die Türkei kehrt sie nicht zurück.

5.      Quintus, jetzt also Memet, macht sich auf die Suche nach ihr. In Istanbul lernt er Flavius kennen (der jetzt Gürek heißt) und verliebt sich in ihn. Deshalb bricht er die Suche nach Sandra ab.

6.      Memet übernimmt mit seiner großen Liebe Gürek ein Hamam in der Altstadt. das als Symbol eine Eule trägt.

7.      Als es für eine Schnellstraße abgerissen werden soll, und Sandra als Frau des Ordnungsamtsleiters Ümed wieder auftaucht, beginnen "Die letzten Tage der Eule"…

Viel Freude an meiner neuen, zeitgemäßen Fassung!


(Für die, die das nicht glauben wollen, hier eine andere, ebenso abseitige Begründung für die Neuauflage: Durch Formatierungsprobleme fanden sich im Roman etwa ein Dutzend Trennstrich-Fehler. Dazu kamen drei veritable Rechtschreibfehler und zwei Handvoll  anderer kleiner Fehler (ein fehlendes Wort, ein Leerzeichen zuviel, und ähnliches). Das Glossar wurde aufgrund von Anregungen um drei weitere Wörter ergänzt und zwei kleine "Regiefehler", die nicht verraten werden und vielleicht kaum jemand aufgefallen sind, sind nun beseitigt. Im Übrigen wurden die reisenden Protagonisten nach kritischer Überprüfung bei einigen Reisen etwas langsamer, was der Dramatik aber nichts nimmt. Dadurch können Sie es jetzt sogar langsamer lesen...)





Eine herbe Kritik zum Roman und meine Replik dazu


Hier die Kritik/ Rezension von Jan Hochbruck

Und hier die Antwort:

Lieber Jan,

hiermit möchte ich, gerade weil ich auch Dich schätze und in anderen Zusammenhängen gern mit Dir zusammenarbeite, etwas ausführlicher Stellung zu Deiner Kritik beziehen. Vielleicht ist solch ein Austausch ja auch ein Gewinn für alle Leserinnen und Leser Deines Blogs und meines Romans.

Vor allem ist dir die Darstellung der Christen im Roman allzu platt und negativ. Das kann ich nur halb so stehen lassen: Ich denke schon, dass ich eine ganze Reihe von Christen eingebaut habe, die intellektuell auf der Höhe ihrer Zeit sind (wie z.B. die Betreiber der Bibliothek des Julianus Africanus in Rom), die anderweitig sympathisch und tüchtig sind (wie Michael, der mit ihm reist) oder auch durch großen Gerechtigkeitssinn auffallen, wie die Donatisten und Circumcellionen in Nordafrika. Dass der Protagonist und seine engsten Freunde und erst Recht natürlich sein alter griechischer Lehrer das Christentum nicht begreifen und nachvollziehen können und wegen seiner inhaltlichen Widersprüche (die heute noch die gleichen sind) nicht mögen, halte ich für ganz gewiss realistisch. Von den gebildeten Römern ist bekannt, dass sie das Christentum solange nicht mochten, bis sie zwangsweise nicht anders konnten, als es zu achten (von Ausnahmen abgesehen, die es immer gibt). Akademien wurden per Dekret geschlossen, und nicht weil die Philosophen dort von sich aus Christen geworden waren. Gedankengänge meiner Protagonisten sind schon in den Büchern von Celsus oder Porphyrios geschrieben, soweit Fetzen von ihnen erhalten sind.

Zugleich beschreibe ich durchaus die Schwächen und die inhaltliche Leere der alten Kulte, aber es war aus zwei Gründen nicht meine Absicht, das in den Vordergrund zu stellen. Zum einen haben wir davon schon alle in Schule, Kirche und Fernsehen genug gehört, zum anderen muss man aber dem vorchristlichen Glauben zu Gute halten, dass er alles in allem einen deutlich toleranteren Umgang mit Philosophie und Wissenschaft wie auch mit anderen Religionen pflegte. Eben dies war der drastische Paradigmenwechsel durch das Staatscrhistentum: die Einführung der absoluten Intoleranz gegenüber allem Nicht-Christlichen, was ja auch im Schließen, bzw. Zerstören von Tempeln, Bibliotheken, Bädern und Schulen gipfelte. Ich empfehle hierzu wärmstens das Buch „Schatten über Europa“ von Prof. Bergmeier, einem Historiker, der auf die Spätantike spezialisiert ist. Hätte ich dieses vor meinem Romanschreiben bereits gelesen (es erschien, als mein Buch längt fertiggestellt war), wären die Christen eher in ein noch schlechteres Licht gerückt worden.

Die wirklich düstere Rolle der Kirche und Christenheit beim Untergang des antiken Wissens und Schrifttums ist zwar im Grund seit langem bekannt und reichlich belegbar, aber noch immer ein Tabu. So ähnlich erging es sicher auch den ersten „Hexenromanen“, auch dieses dunkle Kapitel der Kirchengeschichte ist ja nur ganz langsam als gesellschaftlich breit akzeptiert in die Köpfe gewandert und sicher gibt es auch heute noch viele (siehe die Teufelsaustreiber im Vatikan), die das alles dem Grundsatz nach für richtig hielten oder aber in Abrede stellen, dass es sowas gegeben hat.

Dein anderer Kritikpunkt („lausige Recherche“) aber irritiert mich mehr und ich glaube ein wenig, dass du wegen deiner (subjektiv aus christlicher Sicht völlig berechtigten) Unzufriedenheit mit dem Gesamtbild („böse Christen-gute Heiden“) hier übertreibst. Schon für meinen ersten Roman habe ich viel zur römischen Welt gelesen und recherchiert. Essen, Gewürze, Bier und Wein, Gebräuche, Kleidung, Dienstränge, Verwaltung, Zahlungsmittel, Preise, Reisemodalitäten, Gasthäuser, Handwerkskunst, Bartrasur (ja oder nein, wann und wo nicht oder doch), Begräbnisrituale, Armeestärke und Größe militärischer Einheiten, Größe der Städte, Zustand berühmter Bauwerke wie Pantheon, Leuchtturm von Alexandria, Akropolis, u.a., Stand der Wissenschaft, religiöse Kulte und Strömungen, all das habe ich recht gründlich studiert und möglichst realistisch und stimmig einfließen lassen. Die vorkommenden historischen Personen (wie Augustinus, Hypatia, Honorius, Pharamond, Burgundenkönig Guntiar) waren jeweils ziemlich genau in dem Alter und lebten an dem Ort, wie sie „eingebaut“ wurden. Dort, wo man über jemanden nur wenig weiß, ist die dichterische Freiheit dann größer. Die Städte wurden hinsichtlich Größe, Befestigung und Zustand ebenfalls gut recherchiert. Vieles war ja ganz anders als in der hohen Kaiserzeit, so gab es z.B. 400 eine andere Währung (Solidus statt Sesterzen) und eine andere Legionsgröße (1.000 statt 6.000 Mann) als 200 Jahre zuvor.

Aber konkret: Bezeichnung „Legionär“:

Dass es sich z.B. in Vangiones um Limitanei, also Grenztruppen oder Stadtmilizen handelte und welchen Unterschied das zu regulären Legionen bedeutete, wird im Buch ausführlich dargestellt. Mir liegen aber Angaben von Historikern vor, nach denen man es in der Spätantike mit der Bezeichnung „Legionär“ nicht immer so genau nahm, sondern auch Angehörige der Limitanei, der Grenztruppen, sich selbst stolz so nannten, obwohl sie offensichtlich keiner Legion angehörten. Dies ist u.a. durch Grabinschriften belegt.

Reisegeschwindigkeit (die ist Dir unrealistisch schnell):

Meine handelnden Personen reisen meist zu Pferde oder auch auf dem Kamel (oder per Schiff). Auch nutzen sie, wo vorhanden, das gut ausgebaute Straßensystem der Römer und damit relativ gerade Strecken, z.B. um nach Rom oder Ravenna zu kommen. Mir kamen sie beim Schreiben eher elend langsam vor, aber ich habe mich an Angaben in Fachbüchern gehalten. Sie legen mit Gepäck oder Frauen oder wenn sie die Mittagshitze meiden ca. 30 römische Meilen, also ca. 45 km täglich (siehe Umrechnung im Glossar) zurück. Ich bin als Kind schon über 20 km zu Fuß gewandert. Was ist daran also schnell? Sie reiten von Worms am ersten Tag nach Mainz (40 bis 50 km) und am zweiten bis Koblenz und Andernach (immerhin über 60 km, deshalb tut ihm auch der Hintern weh). Ein Pferd reitet 6-10 km/h und das z.B. 6 bis 9 Stunden über den Tag verteilt. In unwegsamen Ländern wie im wilden Innergermanien kommen sie trotz Pferden nur ca. 35 km täglich voran. So reiten sie „über drei Wochen“ von Wien bis an die Ostsee. Das sind grob 650 km Luftlinie, also 27 km täglich, wobei die ungerade Strecke natürlich weiter ist, aber das ist bei 27 km Luftlinie täglich ebenfalls keine Zauberei. Von Bagdad zurück nach Worms brauchen sie über ein halbes Jahr (4.300 km (Straßenlänge) in 230 Tagen sind zügig, aber realistisch). Die rasend schnellen Botenreiter (mit Pferdewechsel und manchmal auch Wechsel der Reiter) schafften unglaubliche 300 km und mehr täglich, ein Handelsreisender erreicht natürlich nur einen geringen Bruchteil dieser Geschwindigkeit. Eine unrealistische Geschwindigkeit mag deshalb in Einzelfällen vorkommen, ist aber gewiss kein Grundfehler im Buch. Auch die Schiffsreisen orientieren sich an durchschnittlichen Geschwindigkeiten von Handelsschiffen in der Antike (z.B. Genua-Rom in ca. 40 Stunden). Wenn Du besonders markante Schnellreisen ausgemacht hast, teile mir das mit. Ich will das gern im Rahmen der anstehenden neuen Auflage (in der vor allem die letzten Fehlerchen und drei winzige „Regie-Fehler“ getilgt werden sollen) berücksichtigen und bin dir dankbar, wenn Du sie mir mitteilst.

Gar nicht treffend finde ich Deine Einordnung der Erzählung als „Jugendroman“. Für einen typischen Jugendroman geht wohl zu viel schief, da wäre mehr „happy end“ angesagt. Zudem hat der arme Quintus eher besonders viel Pech, wie oft müssen er und seine Freunde Verletzungen, Krankheiten, den Verlust ihrer Lieben oder sogar Kerkerhaft erleiden? Die inzwischen sehr vielen sehr positiven Rückmeldungen von Menschen zwischen 30 und 80 zeigen mir aber, dass das wohl auch nicht so ist und Erwachsene jeden Alters und Geschlechts viel Freude am Buch haben.

Aber es ist letztlich wie bei jedem (historischen) Roman: Trotz aller Recherche finden sich bei genauer Suche immer auch Schwächen und Fehler hinsichtlich des historischen Hintergrunds oder im Alltagsleben. Es reicht nicht, wenn die antiken Erdenbürger keine Brillen tragen und keine Tomaten und Kartoffeln essen, um eine zeitgemäße Authentizität zu schaffen. Mich faszinierten aber gerade die vielen Feinheiten des Alltagslebens: Dass die Römer üblicherweise nicht gefrühstückt haben (man nahm nur ein Glas Wasser zu sich), dass Fuhrwerke in Rom nur nachts fahren durften, dass man gegen 410 in Italien das Tragen der (germanischen) Hosen verbot, dass man Notizen mit Griffeln auf Wachstafeln machte, dass ein Netz von Mansiones (Rasthäusern) sich an den Fernstraßen entlang befand. Und natürlich solche interessanten Fakten, dass die germanischen Dialekte sich noch nicht so sehr auseinander entwickelt hatten, so dass eine Verständigung auf „Germanisch“ zwischen, bzw. mit Friesen, Franken, Sachsen und Goten nach Auffassung von Historikern möglich war. Oder auch, dass die Statue der Göttin Athene zur Zeit des Buches noch an ihrem Platz in der Akropolis stand, bzw. gestanden haben kann (ganz exakt weiß man den Zeitpunkt ihres Verschwindens nicht), bevor auch sie vom frommen Kaiser Theodosius nach Konstantinopel geholt worden sein soll, (wofür man sie offenbar zerlegt hat, denn sie tauchte nirgendwo in der Geschichte wieder auf, das Gold wird wohl in Kreuzen und Kelchen stecken).

Solche Beispiele könnte ich noch viele anführen. Ich denke, gerade die historische Recherche ist eine Stärke dieses Buches und mancher, der hier und da stutzt, weiß vielleicht nicht um die Besonderheiten und Andersheiten der spätantiken Zeit gegenüber z.B. der Zeit von Cäsar oder Marc Aurel. Zahlreiche Bücher, Karten wie auch Museums- und Städtebesuche waren deshalb nötig und nicht selten habe ich das Schreiben unterbrochen, weil ich etwas nachschlagen oder suchen musste, bevor ich weiterschrieb. Gerade bei diesem Recherchieren bin ich auf Vieles gestoßen, was mir zusätzliche Anregungen für die Geschichte gab.

Aber, wichtig ist und bleibt, dass es Belletristik ist, die unterhalten soll: Die eigentliche Geschichte von Quintus, seinen Freunden und seiner Lykke, ihrem schweren Schicksal mit so wenigen Glücksmomenten, das Ausgeliefertsein der handelnden Personen gegenüber den Wirren ihrer dunklen Zeit voller Kriege, Räuberei, Krankheiten, wirtschaftlichem Niedergang, die ist in ihrer Konkretheit reine Phantasie. Das Handeln und Auftreten der „Nibelungen“ ist (mit großem Genuss) so gewählt, wie es hätte sein können (und damit zur späteren Sage geführt hat). Hypatia soll eine sehr intelligente Frau von großer Anziehungskraft und Ausstrahlung gewesen sein. Was ist an ihr platt? Sie ist (neben Chara, Marja und anderen) eine Frau, die selbstbewusst und klug gerade ein anderes Frauenbild zeigt, als wir es aus den dümmlichen Sandalenfilmen aus Hollywood kennen. Wem zuliebe sollte ich aus dem Franken Siegfried einen dunkelhaarigen Zwerg machen, oder aus dem hünenhaften Friesen Friedger einen kleinen schwächlichen Glatzkopf? Es ist aber gerade kein Buch der Schönen und Erfolgreichen, sondern der Scheiternden, der gegen ihr Schicksal kämpfenden und dabei oftmals verlierenden.

Und eine schöne Phantasie ist auch das Auftauchen der antiken Bibliothek. Doch auch hier gilt wieder: Alle erwähnten Bücher existierten, die verschollenen oder verbotenen sind verschollen, bzw. sie waren verboten. Man bedenke, dass allein das Museion in Alexandria über mehr als 500.000 Bücher und Bände verfügte, und eine der größten und stolzesten Bibliotheken des christlichen Frühmittelalters im Kloster Reichenau besaß lächerliche 450 Bücher, fast alle christlich-religiösen Inhaltes, weder Seneca, noch Cicero oder gar Tragödien und Komödien. Vorchristliche wissenschaftliche, philosophische oder auch unterhaltende Literatur wurde von den großen Kirchenmännern der Spätantike wie Augustinus, Ambrosius oder Kyrill gern als Afterwissen tituliert. Wer glaubt oder sich einredet, die Kirche hätte einen wertvollen Beitrag zur Hinüberrettung des antiken Wissens und Schriftgutes in Mittelalter und Neuzeit geleistet, der sitzt einer platten Geschichtslüge auf, (Geschichte wird bekanntlich von den Siegern geschrieben) die freilich bis ins 20 Jahrhundert hinein so verbreitet wurde.

In diesem Sinne hoffe ich aufgezeigt zu haben, dass ich keineswegs mit flinker Feder und leichtem historisch-schlampigem Schritt dieses Buch verfasst habe. Eben deshalb hat es auch über zwei Jahre Arbeit gekostet (neben dem Beruf). Ein Arzt hat die medizinisch relevanten Szenen gegengelesen, eine Sprachwissenschaftlerin hat lektoriert, eine Papyrologin der Uni Trier hat mir wertvolle Beratung gegeben. Und der auf die Spätantike spezialisierte Historiker Prof. Bergmeier möchte es noch rezensieren. Ich bin gespannt, welche Anmerkungen er machen wird.

Und nun eine dicke Entschuldigung, dass es so lang geworden ist.

Nils Opitz im Mai 2013




Nachbetrachtungen

(geschrieben bei Erscheinen im Februar 2013)

Wenn man einen über 500seitigen Roman geschrieben, jahrelang daran herum gewerkelt  und mit den Figuren mitgelitten hat, Rechercheausflüge zu den „Drehorten“ unternommen hat und so weiter, dann schaut man irgendwann ganz perplex auf diesen riesigen Haufen Wörter, den man da zu einer Geschichte zusammengeklebt hat. Ich staune, dass es mit 947.000 Buchstaben doch fast eine Millionen dieser kleinen hübschen Zeichen sind, die sich da versammelt haben, um zusammen einen Sinn zu ergeben. Rund 180.000 Wörter klingt da schon handlicher, begreifbarer. (In meinem Job muss ich manchmal Sachverhalte in Meldungen von 500 Zeichen pressen, inklusive der Leerzeichen! Das sind dann so etwa 70 Wörter…)

Schrecklich und zugleich schaurig schön war der Moment, an dem ich die letzen Zeilen fertiggestellt hatte. (Natürlich habe ich nicht alles in der Reihenfolge geschrieben, wie es am Ende zusammengefügt ist, aber doch den Schluss am Schluss.) Danach folgte zwar noch eine Unmenge an Redigieren und an Änderungen, aber dennoch war einmal der Handlungsstrang zu Ende gebracht, die Geschichte ganz erzählt. Es war wie ein Abschied und ich wurde ganz wehmütig.

Beim Redigieren, erst Recht in den letzten Monaten mit einigem Abstand vom Verfassen des Textes (ich schrieb den Roman im Wesentlichen in den Jahren 2006 bis 2008) gerieten mir auch plumpe und schräge Fragen in den Sinn: Wie viele Menschen müssen in meinem Buch sterben? (Viele kann man gar nicht zählen, wenn eine Seuche über eine Stadt hinweggeht oder die Leichen nach einer Schlacht auf den Feldern liegen.) Aber schon allein die Zahl derjenigen, die ganz konkret durch Mutter Natur oder von Hand zu Tode kommen, ist erschreckend. Ist das o.k.?

Da sind die Pilger, die bei einem schweren Sturm über Bord gehen, der vom Speer durchbohrte tapfere Thorwald, der dem Protagonisten gerade ans Herz gewachsen war, eine ganze Reihe Vandalen und Alamannen, die gerne weiter geplündert und gebrandschatzt hätten, der ahnungslose Besitzer einer Sklavin, der Gegenkaiser Iovinus (der starb auch wirklich…), ein edler Adliger aus Xanten, den fast jeder kennt, eine großartige Philosophin im fernen Ägypten, … Ach, ich höre lieber auf und beschließe, mir solche Fragen nicht mehr zu stellen.

Noch schlimmer sind die Stellen, bei denen sich mir alle Härchen aufstellen und ich eine Gänsehaut bekomme. Schlimmstenfalls sogar nasse Augen (beim Schreiben ebenso wie beim Lesen). Dabei sollte es keine gar keine rührige Schnulze werden. Ist es auch nicht. Aber so schlimme Dinge wie im echten Leben passieren eben auch in einem guten Roman. Testen Sie Ihre Hartherzigkeit. Wenn Sie auf keiner der 536 Seiten eine Gänsehaut oder nasse Augen bekommen, sollten Sie ärztlichen Rat suchen.

Zum Glück gibt es auch lustige Stellen. Ich habe sie noch nicht gezählt. Ich schreibe ja eigentlich gerne was zum Lachen. Aber in dieser Handlung, die sich einfach beim Schreiben entsponn, ein bisschen wie von selbst, ist nur hier und da und im Kleinen Platz für Spaßiges. Dafür war es wohl auch einfach zu ernst, zu hart, für die Zeitgenossen der Romanhandlung. Aber, je nach Ihrer individuellen Humoramplitude und Grins-Schwelle, werden Sie auch oft was zu Schmunzeln haben.

Der große Marcel Reich-Ranicki hat mal gesagt, jeder gute Roman handelt von Liebe und Tod. Vielleicht würde ihm mein Buch gefallen, denn von beidem ist reichlich drin. Wer die Liebesgeschichte zu schmalzig findet, möge sich bitte bei mir melden. Wir treffen uns dann unter einer alten Eiche im Morgengrauen…   Nein, im Ernst: Die Liebesgeschichte ist schlicht großartig, sogar für Männer!

Wer Frivoles und Erotik sucht, der wird vielleicht enttäuscht. Zum Glück findet sich dazu ja eine unüberschaubare Literatur anderswo, und auf allen Niveaus. Ganz allein lässt der Roman aber auch die nicht, die das mögen.

Alles in allem stelle ich fest, dass ich mit der gleichen Freude, Unsicherheit, Gespanntheit, dem gleichen Bauchgrummeln auf meine ersten Lesungen blicke wie beim meinem ersten Roman.



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Warum nicht mal als ebook?

Vielleicht fragt sich mancher, warum dieser mit 536 Seiten „richtige“ Roman nicht nur als schönes dickes Buch in Papierform erschienen ist..

Das E-Book ist eine Leseform, die mancher für unsinnlich und steril hält, jedoch verändern sich unsere Mediengewohnheiten zurzeit sehr stark. Ob im Bus oder in der U-Bahn, ob am Sandstrand oder im Flugzeug: Das praktische E-Book wächst vielen schnell ans Herz und anders als beim Papierbuch kann man die Schriftgröße, die Schirmhelligkeit und die Schrift seinen Bedürfnissen anpassen. Ein kleines Gerät für dutzende oder hunderte Bücher.

Bedingt durch die kleine Druckauflage ist dieser Roman zwangsläufig relativ teuer (er wird voraussichtlich ca. 25,- € kosten), da ist das E-Book nicht mal halb so teuer und deshalb sicherlich für viele attraktiver.

Ich bin mir sicher, dass das klassische Buch noch sehr lange Bestand haben wird (auch ich liebe es…), aber auch diese neue Form wird sich daneben durchsetzen..

Ein E-Book passt auch sehr gut zu diesem Titel: Zeigt es doch den Wandel der Bücher, vom Pergament zum Papierfolianten in dicken, anfänglich hölzernen Buchdeckeln. Wie mühselig mussten Schriften wochenlang in Handarbeit kunstvoll kopiert werden. Dieser Roman lässt sich dagegen in Sekundenschnelle herunterladen.

Am Inhalt selbst ändert das nichts: Eine spannende Geschichte bleibt eine spannende Geschichte. Die Abenteuer und Erlebnisse von Quintus und seiner Lykke, von Friedger dem Friesen und König Guntiar, dem Burgunden, sie sind auf einem Monitor die gleichen wie zwischen zwei Buchdeckeln.


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Provisorisches Titelbild des Manuskriptes